NFP67-Check.info

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NFP67-Check.info ist eine Informations-Plattform, welche die an der Pressekonferenz vom 25. April 2013 von den Schweizer Selbstbestimmungsorganisationen Exit-A.D.M.D Suisse romande, Exit (Deutsche Schweiz) DIGNITAS - Menschenwürdig leben- Menschenwürdig sterben, EX International und Lifecircle/Eternal Spirit vorgebrachte Kritik am Nationalen Forschungsprojekt «Lebensende» (NFP 67),welches vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) durchgeführt wird, aufgreift und weiter darüber berichtet.

 

Das Nationale Forschungsprogramm «Lebensende»
(NFP 67) durchleuchtet

12.12.2017 - Die Kritik der fünf Schweizer Selbstbestimmungs-Organisationen am Nationalen Forschungsprogramm „Lebensende“ (NFP 67) hat sich bewahrheitet. Die Ergebnisse des am 21. November 2017 vorgelegten „Syntheseberichts“ und die von der Leitungsgruppe daraus gezogenen „Schlüsselbotschaften für die Politik und Interessensvertreterinnen und -vertreter“ zeigen, dass das mit konservativen und religiösen Leitungspersonen besetzte Forschungsprogramm die Wahlfreiheit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung im Lebensendebereich einschränken und somit den Schweizer Volkswillen unterwandern will – und dies nota bene mit 15 Millionen Franken des Schweizer Steuerzahlers.

Suizidhilfe, Patientenverfügung und Behandlungsverzicht wurden vom NFP 67 nicht ergebnisoffen und wissenschaftlich-neutral untersucht, sondern mit deutlicher Voreingenommenheit gegen die Patientenautonomie und die Wahlfreiheit. Die Forschungsergebnisse basieren auf einseitiger Recherche, und Veröffentlichungen enthalten falsche Angaben. Sie entsprechen nicht wissenschaftlichen Ansprüchen. Die fragwürdig zustande gekommenen Forschungsergebnisse werden von den Gegnern der Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in «letzten Dingen» – allen voran konservativen, religiös gebunden Personen, sowie «Ethikern» und Mitgliedern von «Ethikkommissionen» dazu missbraucht, eine Einschränkung der Selbstbestimmung über Regulierungen am Lebensende durch die Hintertür der Wissenschaft anzumahnen, nachdem Bundesrat, eidgenössische Räte und der Regierungsrat des Kantons Zürich dies abgelehnt haben.

Voreingenommenheit schon im Ausführungsplan

Obwohl in der Schweiz nur rund 1,6 Prozent aller Sterbefälle die Suizidhilfe betreffen, nimmt diese im NFP 67 eine überdimensionierte Rolle ein; sie wird in den Zielen des Programms sehr häufig genannt. In den Unterlagen zum NFP 67 wird Sterbehilfe a priori als etwas «Umstrittenes» und Problematisches gesehen. Es soll unter anderem «das Dogma der Selbstbestimmung» allgemein «kritisch beleuchtet» werden. Suizidhilfe und die Entscheidung eines Patienten zur Beendigung seines Leidens durch eine selbstbestimmte Lebensbeendigung seien «gesellschaftlich umstritten», die Inanspruchnahme von Suizidhilfe durch Chronischkranke sei «besonders umstritten», die Patientenentscheidung für Sterbehilfe sei «eine umstrittene Entscheidung am Lebensende». Der Ausführungsplan des NFP 67 verstärkt mit Formulierungen wie «Diskussion über eine angemessene strafrechtliche Regelung der umstrittenen Suizidhilfe (Artikel 115 StGB)» und «Vorschläge zu einer rechtlichen Neuregelung der Suizidhilfe» diesen Eindruck. Typisch ist, dass mit keinem Wort erläutert wird, warum diese Diskussion zu Art. 115 aufzunehmen sei; das schien den Autoren offenbar so selbstverständlich, dass es keiner Erklärung bedarf. Zudem wird offen verlangt, es müsse reguliert werden, welche Formen des Sterbens zu «erlauben» seien. Das heisst, nicht der Patient soll wählen dürfen, sondern irgendwelche selbsternannte Experten, womöglich ethisch-religiös gebundene Autoritäten, sollen bestimmen, was erlaubt ist und was nicht; in einem Projekt wird explizit Bezug genommen auf die (staatliche) «Kontrolle des Sterbens».
Diese Haltung belegt Voreingenommenheit und kann schwerwiegende Folgen für die Patientenrechte haben:

Patientenautonomie in Gefahr

«Gerade am Lebensende sind viele Menschen aufgrund schwerer Erkrankungen nicht mehr urteilsfähig. Gleichzeitig stehen dann oft komplexe, sehr wichtige medizinische Entscheidungen an: Sollen zum Beispiel lebensverlängernde Massnahmen abgebrochen werden? Oder will ein Patient gar Sterbehilfe in Anspruch nehmen?» Aussagen wie diese veranschaulichen den fehlenden Willen, Patienten am Lebensende zuerst einmal als fähige Menschen zu respektieren, die sie persönlich betreffende Entscheide treffen können, sowie die Patientenautonomie anzuerkennen. Wenig überraschend verlangt der Synthesebericht «neue rechtliche Konzepte, die sowohl dem Ideal der Patientenautonomie als auch dem Bedürfnis des Patienten nach Schutz und Fürsorge Rechnung tragen.» Anders ausgedrückt: Es werden Menschen am Lebensende einfach als oft urteilsunfähig etikettiert, um so rechtfertigen zu können, dass man diese Patienten vor sich selber schützen müsse … (!)
Wie sehr dies der bundesgerichtlichen Betrachtung über Fragen der Urteilsfähigkeit im hohen Alter zuwiderläuft, zeigt beispielhaft der Entscheid 5A_748/2008.

Die Rechte der Vertretungspersonen werden beschnitten

Im Erwachsenenschutzrecht, ZGB Art. 378, Abs. 3, und Art. 379 ist geregelt: Fehlen in einer Patientenverfügung Weisungen, so entscheidet die vertretungsberechtigte Person – und in dringlichen Fällen ergreift die Ärztin oder der Arzt medizinische Massnahmen – nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person. Gemäss ZGB Art. 377 ist der behandelnde Arzt verpflichtet, die zur Vertretung berechtigte Person bei der Erstellung eines Behandlungsplans für einen urteilsunfähigen Patienten beizuziehen und sie über alle Umstände, die im Hinblick auf die vorgesehenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, zu informieren.
Im Synthesebericht wird nun diese klare Regelung problematisiert: Vertretungspersonen seien häufig überfordert und bei Entscheidungen auf die Unterstützung von Fachpersonen angewiesen. Im Weiteren wird behauptet, dass rechtlich ungeklärt sei, ob Vertretungspersonen den «mutmasslichen Willen» des Sterbenden oder dessen objektive Interessen vertreten sollen, die unabhängig von seinen Anliegen gelten. Das Erwachsenenschutzrecht nenne beide Kriterien nebeneinander, ohne dass deren Verhältnis zueinander geklärt werde.
Bedenklich: Mit dieser Aussage wird suggeriert, dass sich der mutmassliche Patientenwille von dessen (objektiven) Interessen unterscheide. Bei neutraler Betrachtung der genannten Artikel des Erwachsenenschutzrechtes ist jedoch keinerlei Widerspruch zu erkennen. Ergebnis: Es gibt im Erwachsenenschutzrecht kein Problem. Dafür gibt es offensichtlich gewisse Kreise im und um das NFP 67, welche ein Problem herbeireden wollen, um die Entscheidungsbefugnis der zur Vertretung berechtigten Person beschneiden zu können.

Palliative Sedierung in Frage gestellt

Nicht nur die seit über 30 Jahren bewährte Suizidhilfe, sondern auch die weit verbreitete Praxis der palliativen (terminalen) Sedierung, bei welcher Sterbende auf eigenen Wunsch medikamentös in eine Art Tiefschlaf versetzt werden, soll kritisch hinterfragt werden. Gemäss Synthesebericht bleibe zu klären, ob eine rechtliche Regulierung der terminalen Sedierung notwendig sei. Was mit keinem Wort erwähnt wird ist, dass eine solche Regulierung eine Einschränkung der Patientenautonomie mit sich bringen würde.

Unseriöse Gutachten-Auswahl

DIGNITAS stellte im Namen der fünf Schweizer Selbstbestimmungsorganisationen ein Gesuch gemäss Öffentlichkeitsgesetz. SNF und NFP 67 wehrten sich bis vor Bundesgericht dagegen; sie schrieben, es sei eine Unterstellung, dass in den Auswahlverfahren gezielt passende Gutachten zu den Forschungsgesuchen bestellt und intransparent gehandelt wurde. Aber an der öffentlichen Urteilsberatung des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2015 zeigte Bundesrichter Thomas Merkli anhand eines Beispiels auf, dass ein „Gutachten-Shopping“ im Bereich des NFP 67-Programms wohl durchaus zum etablierten Verfahren gehört: Merkli erläuterte, wie der SNF für ein eingereichtes Projekt ein Gutachten eines internationalen Wissenschaftlers einholte, welches eine Vielzahl von Aspekten bewerten sollte. Der ausländische Gutachter taxierte die Qualifikation des einreichenden Forschers sowie weitere Aspekte in den weitaus meisten Fällen mit der Note «poor» oder gar, wiederholt, «very poor», also – wie Merkli selber übersetzte – «armselig». Anstatt das Projekt abzulehnen, entschied der SNF, ein zweites Gutachten bei einem anderen ausländischen Wissenschaftler einzuholen. Merkli erklärte, wie der neue Gutachter sowohl den gleichen Projektverfasser als auch die weiteren Aspekte mit «very good» bewertete. In wie vielen Projekten sind SNF und NFP 67 in dieser Weise vorgegangen, um ihnen genehme Bewertungen von ihnen gewünschte Projekte zu erlangen?

Unprofessionelle Forscher und fehlerhafte Publikationen

Eines der vielen Teilprojekte des NFP 67 ist «Der assistierte Suizid: Entwicklungen während der letzten 30 Jahre». Ausgerüstet mit 230‘493 Schweizer Franken, will es «einen Überblick verschaffen über die Periode der letzten 30 Jahre, also seit der Gründung der ersten Sterbehilfeorganisationen in der Schweiz». Als Verantwortliche zeichnen die deutsche Christine Bartsch vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM) sowie Thomas Reisch, Universitätsklinik für Psychiatrie Bern. Die Projektverantwortlichen traten an EXIT und DIGNITAS heran und baten um deren Unterstützung. Mittels eines «international standardisierten Fragebogens» sollten Mitglieder von EXIT und DIGNITAS zu verschiedenen Zeitpunkten über ihre Befindlichkeit befragt werden. EXIT bat um Einsicht in den Fragebogen und DIGNITAS liess diesen durch das Schweizer Gallup-Umfrageunternehmen «ISOPUBLIC» vertieft untersuchen. Das Resultat der Untersuchung fiel bedenklich aus:
«Insgesamt gibt es 4 Problemstellungen:
a) Der Fragebogen soll aus technischer Sicht nicht so durchgeführt werden wie geplant. Die Pro-banden, welche die Anforderungen erst nehmen, würden teils Stunden mit diesem schwierigen Thema verbringen.
b) Der Fragebogen ist negativ ausgelegt. Sämtliche Bereiche – auch jene welche problemlos positiv dargestellt werden könnten – sind negativ formuliert.
c) Die Fragen sind zum Teil schwer verständlich
d) Die Antworten sind nicht ausgewogen und müssen zwingend angepasst werden.»
ISOPUBLIC kommentierte den Fragebogen im Detail und kam zum Schluss, dass dieser an gravierenden Mängeln leide.
In «Der Bund» vom 26. März 2013 behauptete Thomas Reisch, dort als «Suizidforscher» betitelt, «dass sich die Sterbehilfe in der ganzen Schweiz ausbreite» und «Menschen, die sich das Leben neh-men, sind in den meisten Fällen psychisch krank und leiden am häufigsten an Depressionen». Und: «Es gibt aber einen sehr grossen Anteil, wo mit Hilfe viel hätte erreicht werden können». Für einen Forscher, der Daten von EXIT und DIGNITAS wissenschaftlich und neutral nutzen möchte, sind das höchst bedenkliche Aussagen. Nicht nur, dass einsame, risikoreiche Affektsuizide und begleitete, ärztlich gutgeheissene Bilanzsuizide vermengt werden; der «Suizidforscher» Reisch ignoriert, dass die Zunahme von Freitodbegleitungen im Raum Bern, auf die sich der Artikel bezog, nicht auf die schon 30 Jahre präsenten «Sterbehilfeorganisationen» zurückzuführen ist, sondern auf die Demographie (immer mehr Menschen werden immer älter), auf die Fortschritte der Medizin (bessere Behandlungen verlängern das Leben aber nicht unbedingt die Lebensqualität) und auf das wachsende Bewusstsein bezüglich Selbstbestimmung der Patienten.
Die Krönung war die Publikation zur Pilotstudie «Suicide tourism: a pilot study on the Swiss phenomen», an der nebst anderen Christine Bartsch und Thomas Reisch mitwirkten. Die Autoren wählten offensichtlich bewusst den Zeitraum 2008 bis 2012, um ein verzerrtes Bild einer Verdoppelung von Suizidhilfe in der Schweiz für Personen aus dem Ausland und somit ein dramatisches Resultat zu suggerieren. Hätten die Autoren nur schon einen um zwei Jahren erweiterten Zeitraum, 2006 bis 2012 gewählt, hätten sie nur konstante Fallzahlen vorweisen können . Der im «Journal of Medical Ethics» publizierte Aufsatz enthält so viele Fehler, dass dieses Journal es DIGNITAS erlaubte, eine Gegendarstellung zu publizieren.

Religiöse Verflechtung bis zum Präsidenten der Leitungsgruppe des NFP 67

Der deutsche katholische Moraltheologe Markus Zimmermann (ex Acklin) ist an der Universität Freiburg im Uechtland im Departement für Moraltheologie und Ethik für Spezielle Moraltheologie und Sozialethik als Privatdozent tätig. Moraltheologie ist die übliche Bezeichnung für diejenige wissenschaftliche Disziplin, die das Handeln und die praktische Lebensführung von Individuen unter ethischen Gesichtspunkten und im Kontext christlichen Glaubens diskutiert. Zimmermann hat 1996 mit einer Dissertation des Titels «Euthanasie, Eine theologisch-ethische Untersuchung» promoviert; dieses Werk ist 2002 erweitert und überarbeitet in zweiter Auflage in der Reihe «Studien zur theologischen Ethik» veröffentlicht worden. In dieser lehnt er die in der Schweiz etablierte und von einer Mehrheit der Bevölkerung gutgeheissene Suizidhilfe ab, wobei er diese dem Begriff der «freiwilligen Euthanasie» (!) subsumiert. Seine Dissertation ist mit finanzieller Unterstützung der «Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften» (SAMW) veröffentlicht worden, welcher er als Mitglied ihrer sogenannten «Zentralen Ethik-Kommission» diente. Nun ist er Vizepräsident der «Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin NEK».
Weniger bekannt ist, dass er unter anderem für die «Schweizerische Nationalkommission Justitia et Pax» – eine Laienkommission der Katholischen Kirche, welche sich mit Slogans wie «Der organisierte Tod ist inakzeptabel» hervortut – den Entwurf des Grundlagenpapiers «Alterssuizid als Herausforderung – ethische Erwägungen im Kontext der Lebensende-Diskurse und von Palliative Care» verfasste.
Im Rahmen des trilateralen Treffens der deutschsprachigen Ethikgremien DACH im April 2015 hielt Zimmermann ein Referat zum Thema «Kultur des Sterbens». Er kritisierte dabei die Möglichkeit der Selbstbestimmung mittels Suizidhilfe und fordert eine stärkere Berücksichtigung von psychosozialen und spirituellen Anliegen von Sterbenden – brachte aber keine konkreten Vorschläge, sondern nur Kritik an den Selbstbestimmungsorganisationen.
Unter den ihn unterstützenden «Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern» findet sich auch Brigitte Tag, Professorin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Medizinrecht der Universität Zürich: eine aus Deutschland zugewanderte Juristin, welche der damaligen Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf einen Gesetzesvorschlag zur «Regelung der Sterbehilfe» zu unterbreiten versuchte, der in Deutschland bereits wegen Grundrechtswidrigkeit kläglich gescheitert war.
Die SAMW unterstützte auch die deutsche Theologin Nina Streeck, die neben ihrer Tätigkeit als «NZZ am Sonntag»-Journalistin als Doktorandin am «Institut für Biomedizinische Ethik» der Universität Zürich tätig war, mit einem Forschungsbatzen von 38‘639 Franken, damit diese herausfinde, ob «gesellschaftlicher Druck» auf Sterbenden laste oder ob sie wirklich «authentisch» sich selbst seien, wie aus einem «SAMW-Bulletin» hervorging. In der «NZZ am Sonntag» schrieb Nina Streeck Sätze wie: «Geht es nach der Suizidhilfe-Organisation Exit, sollen Hochbetagte leichter an Sterbemittel kommen. Dabei schwingt mit, dass ein sinnvolles Leben nur führe, wer für sich selbst sorgen kann. Dieser falschen Vorstellung sollten wir entgegentreten.» Oder: «Die Sterbehelfer von Exit werben mit dem Schlagwort Selbstbestimmung um Mitglieder. Das ist irreführend.» Später arbeitete Nina Streeck am Lehrstuhl für «Spiritual Care» von Simon Peng-Keller mit, der sich wie Markus Zimmermann an der Universität Fribourg habilitierte. Der Lehrstuhl wird von der römisch-katholischen und reformierten Kirche finanziert…
Es gibt diverse weitere Verflechtungen der am NFP 67 beteiligten «Forschern» mit einigen aus Deutschland stammenden «Fachpersonen», teilweise mit theologischem Hintergrund, in Ethikkommissionen, Hospizen, Kooperationen an Fachtagungen usw. In diesem Filz tauchen Namen auf wie Regula Schmitt-Mannhart (Mitautorin von Markus Zimmermann beim Grundlagenpapier für «Justitia et Pax»), Rouven Porz (Vorstandsvorsitzender der Schweizerischen Gesellschaft für Biomedizinische Ethik, Ethikstelle Inselspital Bern), Frank Matthwig (Theologe, Mitglied der Nationalen Ethikkommission NEK), Heike Gudat-Keller (Hospiz im Park, Arlesheim), Dr. med. R. Kressig (Klinik für Akutgeriatrie, Universitätsspital Basel, welcher bekannt geworden ist durch seinen Entscheid, dass das Spital keine Gutachten für Personen ausstellen werde, die eine Suizidhilfe wünschen), Tanja Krones, Nikola Biller-Andorno, usw.
In das NFP67 sind unverblümt moral-theologische Positionen der katholischen Kirche eingeflossen, so etwa, dass «das Sterben einen Prozess des persönlichen Wachstums» mit sich bringe.

Wirklich wichtige Themen bewusst ausgeschlossen

Kein Projekt im NFP 67 hat sich dem Thema Übertherapie angenommen: Gemäss Prof. Dr. Gian Domenico Borasio, Professor für Palliativmedizin erhalten «bis zur Hälfte aller Sterbenskranken Behandlungen wie zum Beispiel Chemotherapie, Bestrahlung, künstliche Ernährung oder Antibiotika, die ihnen nichts bringen oder sogar schaden». Die Übertherapie sei rein «rechnerisch hundertmal wichtiger als die Sterbehilfe». Er fragt sich: «Redet darüber niemand, weil sehr viel Geld im Spiel ist?».
Das NFP 67 war über den Präsidenten der Leitungsgruppe, den vorne genannten Moraltheologen Zimmermann, mit der SAMW verbandelt. Die SAMW vertritt letztlich die Interessen der Ärztefunktionäre und Spitäler; sie wurde von medizinischen und veterinärmedizinischen Fakultäten und der Verbindung der Schweizer Ärzte FMH gegründet. Eine ähnliche Verbindung findet sich zwischen Tanja Krones des NFP 67 Projekts «Planung des Lebensendes» und der «Zentralen Ethikkommission bei der deutschen Bundesärztekammer». Die Position der deutschen Bundesärztekammer zeigt sich in der Äusserung seines Präsidenten, Frank Ulrich Montgomery zur Suizidhilfe: «Lassen Sie es doch den Klempner, den Apotheker oder den Tierarzt machen…».
Ebenso hat sich kein Forscherteam dem Thema Suizid- und Suizidversuchs-Prävention, geschweige denn diesem und dessen Verbindung mit dem assistierten Suizid angenommen – obwohl die Selbstbestimmungsorganisationen seit Jahren auf den Konnex hinweisen und im Ausführungsplan des Bundes Projekte in diesem Bereich vorgesehen waren.

Das NFP 67 schadet dem Ansehen des Forschungsplatzes Schweiz

SNF und NFP 67 haben selbstverschuldet ihre Glaubwürdigkeit eingebüsst. Kein seriöser Wissen-schaftler kann Resultate des NFP 67 verwenden, ohne sich selbst dem Risiko der Unwissenschaftlichkeit auszusetzen. Damit schadet das NFP 67 auch dem guten Ruf des Forschungsplatzes Schweiz. Befremdend ist, dass SNF und NFP 67 die von etablierten Organisationen wie Exit und DIGNITAS seit vielen Jahren gepflegte und erfolgreiche Praxis einer Kombination von Palliativversorgung, Suizidversuchsprävention, Patientenverfügung und Freitodbegleitung national und international nicht berücksichtigt.

Fazit

Projekte wie das NFP67 zeigen, dass in der Forschung die genau gleichen manipulativen Mechanismen spielen wie in der Kirche oder anderen Glaubens- und Machtinstitutionen. In der ursprünglichen Absicht durchaus ehrlich, bildet sich im Laufe der Zeit ein sich selbst nährendes System, dem sich immer mehr Personen anschliessen, die ihre eigenen Interessen unter Missbrauch dieser Macht durchzusetzen und sich daran zu bereichern versuchen. Aus Absicht wird Dogma, die Fronten verhärten sich, Angst wird geschürt und macht sich breit, Kritiker werden belächelt oder mundtot gemacht, und hinter Mauern des Schweigens und der Intransparenz werden persönliche Überzeugungen im Namen irgend einer höheren Instanz – in diesem Fall die «streng wissenschaftliche Sichtweise» – als einzige Wahrheit verkündet. Die Konsequenzen von Projekten wie dem NFP67, das von Anfang an Eigeninteressen bediente und ohne Anspruch auf eine wirklich ergebnisoffene Forschung ausgelegt wurde, tragen letztlich die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, deren Wahlfreiheit und Selbstbestimmung zugunsten voreingenommener und religiös gefärbter Bevormundung eingeschränkt wird.
So ist ein Vorstoss aus dem NFP 67, aus dem juristischen Begriff der Urteilsfähigkeit (die gemäss Zivilgesetzbuch grundsätzlich angenommen wird) ein medizinischer Begriff zu machen, und dass damit in jedem Fall eine ärztliche Abklärungspflicht der Urteilsfähigkeit erfolgen soll. Übersetzt heisst dies nichts anderes, als dass jeder mündige Bürger der Schweiz, der sich überlegt, sein Leiden und Leben selbstbestimmt und professionell begleitet zu beenden, zuerst einmal als urteilsunfähig taxiert wird – und nur die Ärzte, wohl auch Psychiater, sollen abklären und feststellen können, ob dieser Bürger denn nun könne und somit dürfe… Gerade im Suizidhilfebereich zeigt sich, dass sich die psychiatrischen Fachärzte oft weigern, die Urteilsfähigkeit abzuklären und damit das selbstbestimmte Sterben des Pati-enten verhindern.
Von 1848 bis 1973 liess es die Schweizer Bundesverfassung generell nicht zu, Geistliche ins Parlament zu wählen. Heute findet bevormundendes Machtdenken, mit religiösen Dogmen vermischt, via «Ethik» und «Forschung» wieder Eingang in und Wirkung auf Politik und Gesetzgebung. Die konservativ und religiös gebundenen Kreise habe ihre Taktik zur Erreichung ihrer Ziele geändert: sie kommen heute als Wissenschaftler, Ethiker und Forscher mit wohlgepolsterter Sprache und freundlich-verständnisvoll daher. Das Gesäusel wirkt so beruhigend dass sogar die Presse eingeschlafen ist: dort finden sich kaum Kritik an der Voreingenommenheit, Intransparenz und Verfilzungen im NFP 67. Es sind ja «Experten» und «Wissenschaftler» im NFP 67, das kann doch gar nicht unwissenschaftlich sein…